Kapitel 6 – „So fürchterlich dunkel“ – William Riker & Deanna Troi und der beständige Schmerz des Verlustes

© 2020-23 CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

Steckbrief: William Thomas Riker
Vorangegangene Serie(n): TNG (Season 1 – 7); DS9 (1 Episode); VOY (1 Episode); ENT (1 Episode)
Filme: Star Trek VII – X
Auftauchen in PICARD: Staffel 1 & 3
Spezies: Mensch
Geboren: 2335, Alaska, Vereinigte Staaten von Amerika, Erde
Eltern: Betty Riker; Kyle Riker
Rolle in PICARD: ehemaliger Captain der U.S.S. Titan (2379 – 2391); Mitglied der Sternenflotten-Reserve (2391 – 2399); Sternenflotten-Captain im aktiven Dienst ohne festes Schiffskommando (2399 – 2401)
Kind(er): Thaddeus Troi-Riker; Kestra Troi-Riker
Schauspieler: Jonathan Frakes

Steckbrief: Deanna Troi
Vorangegangene Serie(n): TNG (Season 1 – 7); VOY (3 Episoden); ENT (1 Episode)
Filme: Star Trek VII – X
Auftauchen in PICARD: Staffel 1 & 3
Spezies: Betazoid/Mensch
Geboren: 2336, Betazed
Eltern: Lwaxana Troi; Ian Andrew Troi
Rolle in PICARD: ehemaliger Counselor und diplomatischer Offizier der U.S.S. Titan (2379 – 2391)
Kind(er): Thaddeus Troi-Riker; Kestra Troi-Riker
Schauspielerin: Marina Sirtis

 

In TNG war William T. Riker ein Sinnbild großen Selbstvertrauens und Hemdsärmeligkeit. Star Trek-Schöpfer Gene Roddenberry machte gar keinen Hehl daraus, dass der – dereinst von Captain Picard handverlesen ausgewählte – Erste Offizier der U.S.S. Enterprise-D eine bewusste Anlehnung an die Figur des James T. Kirk aus der Classic-Serie (TOS) darstellte; jenen Mann, über den später einmal gesagt werden sollte, dass er berühmt gewesen sei für seinen ausgeprägten Hang zur „Cowboy-Diplomatie“, also seine Bereitschaft, sich den Weg im Zweifel schon mal freizuschießen (TNG 5×08). Und wie auch Kirk war Riker natürlich ein Mann mit ausgeprägtem Interesse am anderen Geschlecht. Wobei seine romantischen Verstrickungen mit exotischen Damen in so manchen TNG-Episoden letztlich nicht darüber hinwegtäuschen konnten, dass es in Rikers Leben unlängst eine Frau gab, die sein Herz erobert hatte: die Halbbetazoidin Deanna Troi, ihres Zeichen Schiffscounselor. Wo Riker ein charakterliches Feld besetzte, das weithin mit Männlichkeit assoziiert werden kann, betonte Troi Attribute, die der weiblichen Seite nachgesagt werden. Als Empathin ist sie in der Lage, die emotionalen Befindlichkeiten der meisten Spezies zu empfangen, weitergehende Tiefenscans vorzunehmen und dieses Wissen zum Nutzen von Schiff und Crew einzusetzen. Mit Will Riker, der ihr besonders nahestand, etablierte sie während der Zeit ihrer Liebesbeziehung gar ein festes telepathisches Band und nannte ihn seither, wenn sie ganz intim waren, „Imzadi“ (TNG 2×22; PIC 3×08). Riker und Troi, die der Zufall – oder das Schicksal? – nach Jahren der Trennung wieder auf der Enterprise zusammengeführt hatte (2364), näherten sich im Laufe etlicher gemeinsamer Jahre an Bord wieder an und entdeckten neben ihrer Freundschaft ihre nie erloschene Liebe füreinander neu (TNG 1×01; 1×02; 3×24; IX: Der Aufstand). 15 Jahre, nachdem sie sich unter Captain Picards Kommando wiederbegegnet waren, gaben sie sich im finalen TNG-Kinofilm Nemesis (2379) schließlich vor der malerischen Kulisse Alaskas das Ja-Wort. Kurz darauf verließen sie die Enterprise und gingen gemeinsam auf die neue U.S.S. Titan, wo Riker sein erstes Kommando antrat; Troi wurde seine diplomatische Offizierin und Schiffscounselor.

Wer hätte angesichts dieser glücklich-erfüllten Vorzeichen annehmen können, dass ihre Beziehung noch stürmischen Gezeiten würde trotzen müssen? Für Riker und Troi sollte das Einlaufen in den Hafen der Ehe und der Familiengründung neue Prüfungen bereithalten, die ihre Persönlichkeiten nachhaltig prägen sollten. Erschüttert vom Verlauf ihres weiteren gemeinsamen Wegs, präsentiert uns PICARD somit nicht mehr jene Charaktere, die wir einst bereits so gut zu kennen glaubten. Ähnlich wie Jean-Luc Picard und Beverly Crusher – deren Liebesbeziehung auf ihre Weise tragische Konsequenzen zeitigte – sind Riker und Troi im Fluss der Zeit ein Stück weit andere Menschen geworden. Dazu gehören aber nicht nur Schicksalsschläge, sondern genauso die positiven Seiten, die die reiche Geschichte namens Leben schreibt.

 

Wer waren Riker und Troi in TNG?

William Thomas Riker, geboren 2335 in Alaska, diente rund 15 Jahre lang als Captain Picards rechte Hand („Nummer Eins“), davon sieben Jahre an Bord der Enterprise-D und acht Jahre auf dem Nachfolgeschiff Enterprise-E. Davor hatte er sich auf der U.S.S. Pegasus, der U.S.S. Potemkin und der U.S.S. Hood seine Sporen verdient und mit Tatendrang und Ehrgeiz die Ränge hochgearbeitet. Unter Picards Führung entwickelte sich der zunächst noch etwas verkrampft und überambitioniert wirkende junge Mann zu einem gestandenen, verantwortungsvollen Offizier mit überaus respektablen Kommandofähigkeiten. Riker, der – anders als sein im zwischenmenschlichen Bereich eher zurückgezogenener Kommandant – immer mit anderen Leuten konnte, erachtete es stets als großes Privileg, seinen Dienst unter dem Befehl eines solch erfahrenen und fähigen Captains wie Jean-Luc Picard verrichten zu dürfen. Zudem fand er an Bord der Enterprise ein freundschaftliches Umfeld, das ihn darin bestärkte, am richtigen Ort zu sein. So kam es, dass er – für ihn ungewöhnlich – mehrmals Angebote, ein eigenes Kommando zu übernehmen, ablehnte (U.S.S. Drake, TNG 1×21; U.S.S. Aries, TNG 2×14; U.S.S. Melbourne, TNG 3×26).

Was tue ich wirklich noch hier? Deanna, ich habe hart gearbeitet, um soweit zu kommen. Ich habe eine Menge geopfert. Ich habe mir mein eigenes Kommando gewünscht, und doch… Irgendetwas hält mich zurück. […] Der Captain sagt, Shelby erinnert ihn daran, wie ich früher mal war. Und er hat Recht. Sie ist zu uns gekommen voller Energie und Ambitionen, bereit, Risiken einzugehen. Ich sehe sie an und frage mich, was aus mir geworden ist. Ja, ich war früher genauso wie sie. Ich habe etwas verloren. […]“ – „Ich glaube, Du hast nichts verloren. Im Gegenteil, Du hast mehr gewonnen, als Du ahnst. Du siehst Dich selbst jetzt viel klarer.“ (William Riker und Deanna Troi in TNG 3×26)

Als Picard Ende 2366 in die Fänge der Borg geriet und assimiliert wurde, war es Riker, der sich beharrlich weigerte, Picard aufzugeben. Er arbeitete einen Plan aus und ordnete eine komplexe Rettungsmission an, durch welche Picard vom Kollektiv zurückgeholt und wieder in einen Menschen zurückverwandelt werden konnte. Demnach war es maßgeblich Riker zu verdanken, dass Picard sein Leben als Individuum zurückerhielt und der Assimilationsfeldzug des Kubus im Sol-System gestoppt werden konnte (TNG 4×01). In der Zeit der Borg-Krise war zu beobachten, wie stark Riker über sich hinauswuchs. In Kooperation mit der Borg-Expertin Commander Elizabeth Shelby und dem Rest der Besatzung demonstrierte er jene Fähigkeiten, die nötig waren, wenn man als eigenständig denkender Kommandant „ohne Netz operieren“ wollte (TNG 3×26). Dennoch zog Riker es vor, in den kommenden Jahren weiter unter Picard und im Kreis seiner Freunde zu verbleiben. Aus einem einstmals übereifrigen XO, dem es nicht schnell genug gehen konnte, an sein eigenes Kommando zu kommen, wurde eine Person mit klarer Verwurzelung an Bord der Enterprise. Gemeinsam absolvierten sie noch unzählige Missionen und herausfordernde Situationen, und Riker bewies auch weiterhin, dass er ein Erster Offizier war, der notfalls seinem Posten entwachsen konnte. Der Pegasus-Zwischenfall im Jahr 2370 dürfte wohl dazu geführt haben, dass Rikers bisher recht steil und tadellos verlaufene Karriere einen Knick erhielt (TNG 7×12). Obwohl wir nicht genau wissen, wie stark sich dieses für Riker eher unglückliche Intermezzo mit seinem alten Kommandanten, Admiral Erik Pressman, auf seine Laufbahn auswirkte, sollte es fast ein Jahrzehnt dauern, ehe Riker 2379 zum Captain befördert wurde bzw. ein Beförderungsangebot annahm (X: Nemesis). Diesmal war er bereit, den nächsten Schritt zu gehen.

Deanna Troi war – ebenso lang wie Riker – 15 Jahre lang Counselor an Bord der Enterprise-D und -E. Die Halb-Betazoidin und studierte Psychologin stand Jean-Luc Picard sowohl in dienstlichen als auch in persönlichen Angelegenheiten mit fachlichem Rat und einer großen Portion Empathie zur Seite. Zwischen Troi und Picard entwickelte sich über die Jahre eine innige – wenn auch stets kollegial-platonische – Beziehung. Picard schätzte ihren qualifizierten Rat, um Freunde wie Feinde besser einschätzen zu können und in die Crew hineinzuhorchen. Im Laufe der Zeit vertraute er sich Troi sogar in sehr persönlichen Angelegenheiten an, was in Anbetracht von Picards natürlicher Verschlossenheit bereits ein großes Kompliment an ihre Qualitäten als Schiffsberaterin darstellt (TNG 4×01; 7×07). Auf diese Weise konnte sie ihm beistehen, seine Misshandlung durch die Borg sowie den Verlust seines Bruders und Neffen zu verarbeiten (VII: Treffen der Generationen). Troi trug mehrfach mit ihrer besonderen empathischen Gabe dazu bei, Probleme zu lösen oder gar die Enterprise aus tödlichen Situationen zu befreien (z.B. in TNG 4×17). 2369 wurde sie von einer Gruppe romulanischer Dissidenten entführt und kosmetisch in die Tal Shiar-Agentin Rakal verwandelt. An Bord des Warbirds Khazara konnte Troi dafür sorgen, dass es Vize-Prokonsul M‘ret und einigen Gefolgsleuten gelang, zur Föderation überzulaufen (TNG 6×14). Troi, die lange Zeit von der Möglichkeit Gebrauch machte, zivile Kleidung zu tragen, entschloss sich schließlich zugunsten der Sternenflotten-Uniform. Dies hing auch mit Situationen zusammen, in denen sie aufgrund von Notfällen das Kommando übernehmen musste (TNG 5×05). Diese Erfahrungen führten später dazu, dass sie ein Kommandotraining absolvierte, um sich als vollwertiger Brückenoffizier zu qualifizieren (TNG 7×16). In der Folge erhielt sie eine Beförderung zum Commander.

Deanna Troi, Sie standen mir als Counselor zur Seite und als mein Gewissen. Sie haben mir geholfen, meine besseren Seiten wahrzunehmen.“ (Jean-Luc Picard in X: Nemesis)

Troi ist das Kind einer betazoiden Adeligen und eines Menschen. Nachdem ihr Vater Ian Andrew früh verstorben war (TNG 4×22), wuchs sie bei ihrer Mutter Lwaxana auf. Deren exzentrische und einnehmende Persönlichkeit machte ihr Verhältnis zeitlebens schwierig. Lwaxana würde der Enterprise bei mehreren Gelegenheiten einen Besuch abstatten und das Schiff regelrecht durcheinanderbringen. Bei ihren unangekündigten Visiten mischte sich Trois Mutter gerne auf ausgesprochen übergriffige Weise in ihr persönliches Liebesleben ein, versuchte sie zu verheiraten oder begab sich selbst – allerdings letztlich vergebens – auf die Suche nach einem neuen Partner (TNG 1×11; 2×19; 3×24; 4×22; 5×20).

 

Wann wurden Riker und Troi ein festes Paar?

Vermutlich würden Riker und Troi von sich sagen, dass sie so richtig nie getrennt gewesen waren; sie waren jedoch auch nicht wirklich zusammen. Ihr Beziehungsstatus befand sich über die TNG-Jahre im Fluss, wobei immer wieder erkennbar wurde, wie schmal die Schwelle zur Wiederaufnahme ihrer Liebesbeziehung war. Besonders bezeichnend war ihre Rückkehr nach Betazed in Die Damen Troi, wo sie bei einem Landurlaub einander unverhohlen küssten, ehe Lwaxana ihren aufkeimenden Frühlingsgefühlen einen Strich durch die Rechnung machte. Wenn Troi Riker bei gelegentlichen Avancen in ihre Richtung fragte, ob er „nur spielen“ wolle, ist dies ein klarer Hinweis, dass beide sich ihrem Selbstverständnis nach stets irgendwo im Niemandsland zwischen Freundschaft und einem Liebespaar aufhielten. Ursprünglich war das Aus ihrer Beziehung auf Riker zurückgegangen, der in jungen Jahren hatte Karriere in der Sternenflotte machen wollen und daher seinen vorübergehenden Einsatzort Betazed – wo beide sich kennengelernt und ineinander verliebt hatten – wieder verließ (TNG 2×22; 6×24). Doch die Wiederbegegnung mit Troi auf der Enterprise hatte ihm immer stärker vor Augen geführt, wie sehr er diesen Schritt im Nachhinein bedauerte. Obwohl sie gerade zu Anfang Zurückhaltung übten, weil ihre Beziehung sich durch Einbindung in Captain Picards Kommandostab geändert hatte und sie als Führungsoffiziere Verantwortung trugen, konnte man in einigen TNG-Folgen sehr wohl den Eindruck gewinnen, dass sie mit der Aussicht liebäugelten, sich wieder romantisch anzunähern. Aber so richtig bekannten sie sich nicht zueinander; immer wieder wurde auch davon gesprochen, dass sie nun eine neue Freundschaft im Kreis der Gemeinschaft auf der Enterprise gefunden hätten und ihnen die Aufgabe dieses neuen Bundes zu kostbar sei. Hier zeigen sich teilweise Gemeinsamkeiten mit Picard und Crusher, die ebenfalls ihr romantisches Verhältnis zugunsten der neu entdeckten Freundschaft und der Arbeit als Kollegen auf der Enterprise zurückstellten. So hatten beide – womöglich auch aus einem Kompensationsbedürfnis heraus – im Laufe ihrer Zeit auf der Enterprise-D mehrere Affären mit anderen Personen, welche jedoch schnell wieder endeten. Zeitweilig wandte sich Troi sogar Worf zu, den sie erstmals auf einer persönlichen Ebene besser kennenlernte, als er sich eine schwere Verletzung zuzog, die ihn vorübergehend querschnittslähmte. Zu dieser Zeit entschied Worf, der nicht als Invalide leben wollte, sich dem Hegh‘bat-Ritual (klingonisches Selbstmordritual) zu unterziehen. Worf bat Troi damals, sich zunächst um seinen Sohn Alexander zu kümmern (TNG 5×16). Da Dr. Crusher Worfs Rückenmark reparieren konnte, war dies nicht mehr erforderlich, aber es entwickelte sich eine freundschaftlich-romantische Verbindung zum Klingonen, die jedoch ebenfalls nie den Status einer Liebesbeziehung erreichte (TNG 7×11; 7×18; 7×25; 7×26).

Spätestens an Bord der Enterprise-E verstärkten sich Rikers und Trois Gefühle weiter füreinander. Nach deutlichen (auch physischen) Annäherungen würde Riker sie im Jahr 2375 schließlich ganz offen darauf ansprechen. Er ließ sie wissen, dass er zurzeit nicht gut schlafe, vermutlich eine Art Midlife-Krise durchlebe und dass er einen Rat von ihr brauche. Seine Frage bestand darin, ob sie einander wieder als Paar eine Chance geben könnten. Diesmal war Riker gewillt, es besser zu machen, und Troi schien nur auf dieses Bekenntnis gewartet zu haben.

Counselor, glaubst Du, zwei Leute können die Zeit zurückdrehen und frühere Fehler wiedergutmachen?“ – „Auf diesem Schiff ist alles möglich.“ (William Riker und Deanna Troi in IX: Der Aufstand)

Aufgrund des Kontakts mit den regenerativen Eigenschaften des Planeten Ba’ku fragte sich Riker am Ende des neunten Kinofilms kurzzeitig, ob Troi und er sich anders fühlen würden, wenn sie der metaphasischen Strahlung nicht länger ausgesetzt waren. Worf widersprach dem dezidiert: „Ihre Gefühle für sie haben sich nicht geändert, seit ich Sie kenne, Commander. Hier sind sie nur ein wenig an die frische Luft gelassen worden.“ Rikers klingonischer Kollege sollte Recht behalten. In der 2377 angesiedelten VOY-Episode Eingeschleust (7×06) sollten wir hören, dass Riker und Troi einen Strandurlaub auf der Erde einlegten und ihr zurückgewonnenes Liebesleben damit offensichtlich florierte.

 

2379 geben Riker und Troi sich das Ja-Wort. © 2002 CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

 

Wie ging es seit Nemesis für sie beide weiter?

An Bord der Titan begann für Riker und Troi ein neues Kapitel. Am Ende von Nemesis erfuhren wir, dass die Titan auf ihrer ersten Mission Teil einer neuen Task Force der Sternenflotte sein würde, die sich in Richtung Neutrale Zone aufmachte. Wir konnten mutmaßen, dass Riker wohl auch in diplomatische Verhandlungen mit den Romulanern involviert sein würde, um das Verhältnis nach dem Shinzon-Staatsstreich und seinen weiteren Folgen wieder zu glätten. Lassen wir die langjährige Romanreihe Star Trek: Titan außen vor, da es sich hierbei zweifelsohne um Beta-Kanon handelt (wenn auch die Titan als Schiff aus diesen Büchern ins Kanonische übernommen worden ist), so können wir uns immerhin auf das beziehen, was uns eine andere Star Trek-Serie darbietet. Lower Decks, das Anfang der 2380er Jahre angesiedelt ist, ließ die Titan bei verschiedenen Gelegenheiten auftauchen und machte nebenbei deutlich, wie stark sich die Missionen von Rikers Schiff im Vergleich zur Zeit an Bord der Enterprise-D gewandelt haben. Im Umfeld eines Quadrantengefüges, das Dominion- und Borg-Krisen durchgemacht hat und auch noch den Kollaps des romulanischen Reichs erleben würde, hatte die Titan alle Hände voll zu tun mit Stabilisierungs-, Unterstützungs-, Undercover-, taktischen und Kampfeinsätzen, wobei sie auch einige Gelegenheiten erhielt, im Beta-Quadranten neue Stellargebiete auszukundschaften (LD 1×10; 2×02; Roman II). Einige von Rikers eher hartgesottenen Offizieren erlaubten sich im Angesicht dieser nicht selten brenzligen Missionen, etwas despektierlich auf Rikers ‚gute, alte Zeiten‘ auf der Enterprise-D zurückzublicken:

Es muss auf der Enterprise öde für ihn gewesen sein. Lange sieben Jahre – was? Immer nur forschen?“ – „Auf einem Schiff mit fünf Kindertagesstätten.“ – „Sprecht Ihr von der D? Dem Flaggschiff? Die sind in andere Dimensionen gereist, haben gegen die Borg gekämpft und revoltiert.“ – „Und da gab es regelmäßig Streichkonzerte. Wow, was für ein Kracher.“ (Rikers Führungsoffiziere und Brad Boimler in LD 2×02)

Auf der Titan praktizierte Riker trotz (oder vielleicht gerade wegen) der genannten Herausforderungen einen merklich anderen Kommandostil als Picard in den Enterprise-Jahren. Er gab sich deutlich lockerer und informeller, was auch zu seinem menschelnden Auftreten in TNG passt (TNG 2×10; 4×11). Nun, da er selbst das Miteinander an Bord prägen konnte, verstärkte sich Rikers kumpelhafter Stil sogar, und seine Crew schätzte dieses entspannte, unförmliche Verhältnis zu ihrem Captain. Gut denkbar, dass es dabei half, rasch ein Vertrauensverhältnis zu etablieren und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ebenfalls können wir feststellen, dass Riker seine Jazz-Leidenschaft immer stärker auslebte (was sich u.a. anhand des Interieurs in seinem Bereitschaftraum niederschlägt; LD 2×02). Tatsächlich soll sein musikalisches Gehör ihm im Laufe der dritten PICARD-Season noch wertvolle Dienste erweisen (PIC 3×06). Abseits des Dienstes gönnte er sich im Kreise seiner Kameraden gerne einen „Old Fashioned“ im Gesellschaftsraum der Titan, liebte es, charmant und witzig zu sein. All das würde Riker vonseiten jener Captains, die gerne ein strenges Regiment führen und sich auf das Protokoll verlassen, gewisse Vorurteile einbringen. So wird ihm Captain Liam Shaw, in gewisser Weise sein Nachfolger auf der Titan-A, im Jahr 2401 Vorhaltungen machen. In diesen bringt er Rikers Jazz-Hinterlassenschaften im Computersystem auf einen Nenner mit all den Klischees, die er über den altgedienten Captain mit sich herumträgt:

Der Bebop, den ich aus dem System löschen musste, als ich Ihren Stuhl übernommen habe, spricht für Ihre unbekümmerte Locker-vom-Hocker-Kentucky-Mash-Einstellung.“ (Liam Shaw in PIC 3×01)

Auch die Tatsache, dass zwischen Riker und Troi (diese agierte immerhin als sein Zweiter Offizier) eine Ehe bestand, wurde auf der Titan offenbar von vorneherein als Normalität gelebt, ohne dabei die Hierarchie auszuhebeln. Diese neue lässig-ehrliche Lockerheit manifestiert sich besonders gut in einem leicht schlüpfrigen Wortwechsel zwischen beiden, der am Ende der ersten LD-Staffel im Herzen der Titan-Brücke stattfindet:

Entschuldigt, ich hab‘ mir die erste Enterprise auf dem Holodeck angesehen, mit Archer und so. Was für ‘ne Geschichte. Die hatten wirklich ‘ne ziemlich harte Reise vor sich.“ – „Kurs nach Tulgana liegt an, Captain. Ich erwarte Ihre Befehle.“ – „Ah, Tulgana IV… Weißt Du, da gibt es einen kleinen Risa.“ – „Oh, was meinst Du, nehmen wir dann den kleinen Horga‘hn?“ – „Nein. Nehmen wir lieber den wie immer. Na klar, gehen Sie auf Warp, und zwar mit dem Faktor Fünf, Sechs, Sieben, Acht.“ – „Oh, Du und der Jazz…“ (William Riker und Deanna Troi in LD 1×10)

 

Im Kinderglück

Bereits aus der PICARD-Folge Nepenthe wissen wir, dass Rikers und Trois Kinder an Bord der Titan geboren wurden. 2381 kam ihr Sohn Thaddeus zur Welt (vermutlich exakt zu jener Zeit, als die Beziehung von Picard und Crusher endete und Picard den Oberbefehl über die romulanische Rettungsmission übernahm); circa fünf Jahre später folgte Kestra. Offenbar wurde Thaddeus nach einem Riker-Vorfahren benannt, Colonel Thaddius ‚Old Iron Boots‘ Riker, der in der VOY-Episode Todessehnsucht (2×18) erwähnt wurde. Kestra wiederum hat ihren Namen im Andenken an Trois verstorbene Schwester erhalten, von der sie erst spät erfuhr (TNG 7×07). Eine Rückblende in der Episode 17 Sekunden, in der sich Riker und Picard in Guinans Bar unterhalten, geht auf Thaddeus‘ Geburt ein. Riker schildert, wie heikel diese verlief und wie stark ihn die anschließende Erkenntnis, ein eigenes Kind zu haben, verändert hat.

Da kam der Ruf von der Krankenstation, ich sollte auf der Stelle hinkommen. Der Tonfall war eindeutig nicht der, den man hören wollte. Es hat 17 Sekunden gedauert, bis ich dort war. Die längste Turboliftfahrt meines Lebens. Ich dachte, ich verliere ihn. Meinen ungeborenen Sohn. Seine Zukunft ist vor meinen Augen abgelaufen.“ – „Und in diesem Moment sind Sie Vater geworden.“ – „So war es. Und alles, was man vorher in Büchern über das Vatersein gelesen hat, ist vergessen, wenn man sein Baby dann sieht. Er war so winzig und zerbrechlich. Es war vollkommen klar: Ich würde ihn schützen, koste es, was es wolle. Ganze Welten würde ich für ihn verbrennen.“ (William Riker und Jean-Luc Picard in PIC 3×03)

In diesem Fall war es allem voran Rikers und Trois Welt in der Sternenflotte, die sie einige Jahre nach Thaddeus‘ Geburt bereitwillig verbrannten. Ihr Sohn war nämlich schwer krank, litt unter Mandaxischer Neurosklerose, einer seltenen neurologischen Erkrankung, die auf einen siliziumbasierten Virus zurückgeht. Aufgrund des überstürzten Banns allen synthetischen Lebens infolge der Mars-Katastrophe von 2385 (PIC 1×03) bestanden für diese Erkrankung keinerlei Heilungschancen mehr, weil aktive positronische Matrizen nun nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Familie Troi-Riker entschloss sich infolgedessen, ihre berufliche Laufbahn vorzeitig aufzugeben und auf den abgeschiedenen Planeten Nepenthe zu ziehen, dessen Atmosphäre über begrenzte regenerative Eigenschaften verfügt (weshalb Ba’ku keine Option war, bleibt eine offene Frage). Allerdings verstarb Rikers und Trois hochtalentierter und fantasiebegabter Sohn wenige Jahre später, ungewiss, ob der Planet überhaupt sein kurzes Leben ein wenig verlängern konnte. In einer Instagram-Story vom März 2020 lieferte Showrunner Michael Chabon einige ergänzende Informationen, die sich gut in den Kontext der Episode Nepenthe einfügen. Er führte aus, dass Thaddeus etwa 15 Jahre alt gewesen war, als er starb, was bedeutet, dass er mit seiner Familie rund fünf Jahre auf Nepenthe gelebt haben musste. Daraus ergibt sich, dass die Familie um 2391 dorthin zog und Thaddeus 2396 verstarb. Chabon wies ferner darauf hin, dass Thaddeus mehr von den betazoiden Anlagen seiner Mutter geerbt hatte als seine Schwester Kestra. Obwohl Riker und Troi ihre Karriere also zu Beginn der 2390er Jahre vorzeitig beendet hatten, blieb ersterer Offizier der Reserve. Dies blieb auch nach Thaddeus‘ Tod so, wobei anzuzweifeln ist, ob Riker wirklich noch bereit gewesen wäre, zur Sternenflotte zurückzukehren. Nach allem, was wir wissen, wurde er auch nicht mehr angefragt.

 

Ein guter Tag im Familienleben der Troi-Rikers? © 2020-23 CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

 

Zerbrechlich gewordene Helden

Im Jahr 2399 ergibt es sich, dass Jean-Luc Picard zusammen mit der Androidin Soji Asha – auf der Flucht vor dem Zhat Vash – die Familie Troi-Riker auf Nepenthe besucht, um einen vorübergehenden Unterschlupf zu finden. Auf den ersten Blick scheinen seine einstmalige Nummer Eins und seine frühere Schiffsberaterin in etwa dieselben geblieben zu sein, mögen sie auch nun wesentlich ziviler und legerer unterwegs sein und sich unlängst voll und ganz ihrem familiären Kosmos verschrieben haben. Obwohl Picard sich offenbar lange nicht mehr bei ihnen gemeldet oder hat blicken lassen, tragen sie ihm nichts nach, schließen ihn sogleich in die Arme und bieten ihm ihre Hilfe an, ungeachtet der Tatsache, dass sie durch Picards derzeitige Probleme selbst in Gefahr geraten könnten. Ihr Umgang mit ihrem alten Captain ist in jeder Hinsicht liebevoll, fürsorglich und freundschaftlich. Riker, der schnell dahinterkommt, welcher Art Picards derzeitige Schwierigkeiten sind, backt im idyllischen Garten seines Hauses Pizza und zeigt sich als entspannter, väterlicher Mann, der Ruhe ausstrahlt und nach wie vor herzhaft lachen kann.

Und doch scheint das Bild, das Troi und er vor ihrem alten Captain abgeben, nur einen Ausschnitt der Realität widerzuspiegeln. Nichts deutet darauf hin, dass sie Picard etwas in ihrem Haus vorspielen, doch besieht man sich bestimmte Szenen in Nepenthe und im späteren Verlauf der Serie, lässt sich daran zweifeln, ob das Familienleben der Troi-Rikers tatsächlich so ungetrübt und stabil ist wie es den Anschein hat. Wir sehen Andeutungen davon bereits in einer sehr persönlichen Szene zwischen Picard und Troi, die sich in Thaddeus‘ Zimmer begeben haben, umgeben von all seinen persönlichen Sachen. Troi lässt ihn wissen, dass sie ihm und Soji in jedem Fall helfen werden. Doch kurz darauf verdüstert ihr der Gedanke das Gesicht, Kestra könnte durch die Verwicklung in Picards Mission etwas zustoßen. Mit einem Mal enthüllt sich das Antlitz einer gebrochenen Frau, die kurz darauf mit tränenverklärtem Blick einräumt: „Ich bin nicht mehr so tapfer wie früher, Jean-Luc.“ All ihr Schmerz droht in diesem Augenblick wieder hochzukommen; die Schutzschicht, um sich vor ihrem Leid abzuschirmen, ist dünn und porös. Wie schlimm es um Riker steht (der in Nepenthe noch stabiler anmutet als seine Frau), erfahren wir dann in der dritten Season. Er scheint immer wieder in Phasen der schweren Depression abzugleiten, gegen die seine Frau machtlos ist und die das Familienleben schwer belasten. In Nepenthe haben sie sich womöglich Picard (und natürlich auch Kestra und Soji) zuliebe einige Mühe gegeben, den Eindruck einer zufriedenen, intakten Familie – einer heilen Welt – zu erwecken. Bei den Blicken hinter die Fassade erleben wir indes zwei Menschen, die einstmals auf festem Fundament standen, jetzt jedoch zerbrechlich geworden sind. Sie sind dauerhaft Verwundete.

 

William Riker: Ein Mann auf der Flucht vor sich selbst? © 2020-23 CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

 

Das Trauma ist dir stets auf der Spur

Riker kehrt in den aktiven Dienst der Sternenflotte zurück, kurz nachdem Picard und Soji Nepenthe verlassen haben. Vermutlich ahnt er, dass sein ehemaliger Kommandant seine Hilfe brauchen wird, und der Ausgang der Geschichte beweist, dass Rikers Gespür goldrichtig war. Im Moment größter Not wird er in der Lage sein, Coppelius vor Oh und ihrer Flotte zu schützen (PIC 1×10). Dass er dabei gleich selbst aus den Vollen schöpft und seinerseits eine mächtige Armada zur Androidenheimat bringt, spricht nicht nur für Rikers Überzeugungstalent, sondern auch für seine nach wie vor bestehenden Kontakte zur Sternenflotte und in die Föderationspolitik. Bereits in Der Aufstand vollbrachte er das Kunststück (das wir leider nicht mitbekamen), den Föderationsrat dazu zu bringen, von einer Umsiedlung der Ba’ku abzusehen. Picard hat Riker also am Ende der ersten Staffel eine Menge mehr zu verdanken, doch umgekehrt hat auch Picard Riker zum ersten Mal einen veritablen Grund geliefert, sich wieder der Sternenflotte zuzuwenden – als es nämlich darum ging, einem alten Freund und Weggefährten zu helfen. Auch nach dem erfolgreichen Einsatz des Sternenflotten-Aufgebots unter Führung der U.S.S. Zheng He bei Coppelius wird Riker im aktiven Dienst verbleiben. Damit hat Picard Riker eine Perspektive offeriert, seinen depressiven Anflügen etwas entgegenzusetzen; der Psychologe würde sagen: wieder so etwas wie Selbstwirksamkeit zu erfahren.

Wir können also davon ausgehen, dass die Rückkehr zur Raumflotte einen zeitweiligen therapeutischen Effekt auf Riker entfaltet, doch er wird auf der Flucht vor der Vergangenheit bleiben, die ihn 2401 – fünf Jahre nach Thaddeus‘ Tod – wieder mehr zu vereinnahmen droht. Als der Verlust seines Sohnes unweigerlich zu ihm zurückkommt, wirkt sich dies in allumfassender Weise auf Rikers Alltagsleben aus. So kommt es, dass er sich einige Monate vor den Ereignissen der dritten Staffel von Troi und Kestra zurückgezogen hat, mutmaßlich auch auf Wunsch seiner Frau. Wir werden erfahren, was dazu geführt hat und können uns ausmalen, welche Szenen sich bei ihnen zuhause abgespielt haben müssen. Diese dürften ziemlich im Kontrast zu dem gestanden haben, was wir in Nepenthe zu sehen bekamen. Offenbar ist Riker in einen lang anhaltenden Zustand abgeglitten, in dem er nur noch Leere und Betäubung gespürt hat, und Troi konnte als Empathin nicht auf Dauer damit leben. Sie konnte ihm auch als Therapeutin nicht helfen, seinen apathischen Zustand zu überwinden, denn Riker hat sich immer stärker abgeschottet, sodass er sich der Verarbeitung des Traumas nicht stellte und dadurch auch keine echte innerfamiliäre Trauerbewältigung möglich war. Riker wird selbst vor Picard zugeben, dass er davongerannt sei. Man führe sich in diesem Zusammenhang vor Augen: Es gibt viele Partnerschaften, die den Tod eines Kindes nicht überstehen. Einerseits kann es sein, dass die Partner jeweils unterschiedlich mit dem Verlust umgehen, andererseits sind sie sich gegenseitig eine Erinnerung an den eigenen erlebten Schmerz, v.a., wenn der Andere immer antriebsloser und depressiver wird und nicht bei der Trauerarbeit an einem Strang zieht. Hinzu kommt, dass es für eine gefühlssensible Person wie Troi eine besondere Auswirkung haben muss, nicht nur in das leere Gesicht ihres Gatten zu blicken, sondern seine hoffnungslose Leere allenthalben konkret zu fühlen. So ist nachvollziehbar, dass über die Jahre – und erst recht im Exil auf Nepenthe, wo es wenig Ablenkung gab – eine immer größere Belastung in der Familie Troi-Riker entstanden ist. Rikers Weggang lässt sich damit als das Ergebnis einer Art No way out-Situation deuten: Er will seiner Frau und Kestra nicht mehr zur Last fallen, und zugleich läuft er weiter vor den Schmerzen und der empfundenen Hoffnungslosigkeit über Thaddeus‘ Tod davon. Er lässt sich mit Picard auf eine waghalsige Mission zur Rettung Beverly Crushers ein – und findet sich letztlich in einer Situation wieder, die in Form einer vermeintlichen Zwangslage auf ziemlich ultimative Weise Schmerz, Tod und Hoffnungslosigkeit bereithält.

Später ist er bereit, sich Picard vollends anzuvertrauen. In PIC 3×04 gibt er vor seinem alten Freund zu, dass er sich deshalb mit ihm in dieses etwas kopflose Abenteuer auf der Titan gestürzt hat, um den Bildern und Geräuschen zu entgehen, die in ihm permanent an die Oberfläche drängen. Und dann kommt die ganze Unbarmherzigkeit seines Traumas wieder zu ihm zurück, als die Titan im Innern des ominösen Nebels ihrem eigenen Ende entgegentrudelt. Für Riker, der kurz zuvor noch Captain Shaw als Kommandant ablöste und sich schwor, das Schiff in Sicherheit zu bringen (hierfür hat er sich sogar einen Streit mit Picard geliefert), ist das Ohnmacht pur. Und vergessen wir auch nicht, dass im Zuge von Picards und Rikers Mission etwas Überraschendes geschehen ist: Picard ist auf seinen leiblichen Sohn gestoßen, von dem er zwei Jahrzehnte nichts wusste. So kommt es, dass sich Picard und Riker mit ihren persönlichen Lebensgeschichten auf einmal gegenbildlich gegenüberstehen: Riker, der sich über alles nach seinem für alle Zeit verlorenen Sohn sehnt, und Picard, der mit einem Sohn, den er weder kennt noch gewollt hat, wenig anzufangen weiß.

Bei dem Begräbnis unseres Sohnes musste ich zusehen, wie sein Sarg in die Erde hinabgelassen wurde. Es waren nur zwei Meter, aber es war so dunkel. So fürchterlich dunkel. Ein ewiges Nichts. Und wir zwei sind durch die unendlichen Weiten des Raumes gereist. Und doch habe nie auch nur irgendwas gefunden, das in irgendeiner Form Hoffnung auf ein Danach macht. Ich wollte es ignorieren. Deanna fühlt aber alles, wie Sie wissen. Und letztlich konnte sie nicht mehr mit jemandem leben, der nichts fühlt. Und ich konnte es auch nicht. Deswegen bin ich gegangen und hierher gekommen. Ich bin vor diesen Gedanken davongelaufen, um…ihnen hier wieder zu begegnen. […] Das ist das Ende, mein Freund.“ (William Riker in PIC 3×04)

Wann haben wir Riker jemals aufgeben sehen? Doch hier tut er genau dies: Er verzagt. Auch als er später eine letzte Nachricht an Troi aufzeichnen möchte, scheint er nicht mehr weiter zu können. Der Fluss seiner Worte stockt, er verfällt in bedrücktes Schweigen, seine Gedanken sind verdüstert, er hat einen Weltuntergangsschmerz in seiner Miene, was durch den vielsagenden Kameraschwenk auf die Tischoberfläche, in der er sich vage spiegelt, unterstrichen wird (man könnte es als Anspielung auf das dunkle Grab seines Sohnes verstehen). Man merkt Riker die Schwere, die in ihm sitzt, in jeder seiner Bewegungen an. Dies ist ein Mann, der urplötzlich am Ende seiner Kraft angelangt ist, keine Idee mehr hat, weder für sich persönlich noch mit Blick auf die Rettung des Schiffes. Und so ist er bereit, sich in das vermeintliche Schicksal zu fügen. Letztlich werden es Picard und der Kreis seiner Freunde sein, die ihn ins Leben zurückführen – und ihm dadurch die Möglichkeit eröffnen, Mut zu schöpfen, eine neue Perspektive zu erhalten und sich mit Deanna Troi auszusprechen. So werden beide das Glück erfahren, noch einmal von vorne zu beginnen, in der Hoffnung, den langen Schatten, welcher der Tod ihres geliebten Sohnes hinterließ, endlich fernzuhalten.

 

Wird es ein Happy End für Troi und Riker geben? © 2020-23 CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.