Liebe Leserin, lieber Leser,
nach der vorzeitigen Einstellung von Enterprise im Jahr 2005 stand das so lange erfolgreiche Star Trek-Franchise vor einer Zwangspause und großer Ungewissheit. Trotz Wiederbelebung der TOS-Abenteuer im Zuge dreier actionreicher Kinofilme (die allerdings in einer anderen Zeitlinie spielen), sollte es mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis Star Trek wieder auf die heimischen Bildschirme zurückkehrte. Diesmal unter den Bedingungen des Streaming-Zeitalters, ging 2017 zunächst Discovery an den Start, 2020 folgte PICARD, 2022 Strange New Worlds. Abseits davon gaben sich die Animationsserien Lower Decks und Prodigy ihr Stelldichein und bereicherten unter anderen Genrebezügen Gene Roddenberrys riesigen Kosmos. Inzwischen sind weitere Produktionen angekündigt worden.
Soviel ist gewiss: Die neuen Star Trek-Serien, die unter Federführung des neuen Franchise-Oberhaupts Alex Kurtzman entstanden sind, unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von den traditionellen Serien der 1980er und 1990er Jahre. Es sind dabei nicht nur zeitgenössische Produktionswerte, sondern auch inhaltlich-dramaturgisch steht New Trek auf einem neuen Fundament. Anders als die familienfreundlichen und vergleichsweise berechenbaren Serien aus der Roddenberry/Berman-Ära fühlen sich die modernen Shows zuweilen an wie ein wilder Ritt auf einem leicht störrischen Pferd, auf dem man sich gut festhalten muss. Manchmal kultivieren die Serien einen gewissen Tabubruch, um auch wirklich sicherzugehen, dass sie einen eigenen Stil prägen. Es gibt massenhaft Mystery Boxen, ungeahnte Abzweigungen und abrupte Wendungen. Eine ganze Reihe von Fragen, die die Serien aufwerfen, erscheinen – im Gegensatz zur Erklärseligkeit des früheren Star Trek – nicht klar beantwortet, und bei der Deutung dessen, was man geboten bekommt, ist man häufiger mal auf sich selbst zurückgeworfen. Und vor allem gibt es nun sehr viel mehr Emotionen und deren bewusstes Ausleben zu besichtigen als im vergleichsweise zurückgenommenen und rationalen Old Trek.
Sie sehen schon: Ich bin bekennender Fan des ‚alten‘ Star Trek und mit The Next Generation, Deep Space Nine und Voyager groß geworden. Dennoch habe ich trotz anfänglichen Fremdelns auch den neuen ST-Produktionen eine echte Chance gegeben. Dabei habe ich den ernsthaften Versuch unternommen, mich auf die Erzählungen, Figuren und veränderten Settings einzulassen. Die Seite All Those Who Wander spiegelt diesen Anspruch wider. Mit der Zeit entwickelte sich jedoch ein instinktives Verständnis und eine gewachsene Toleranz für den neuen Ansatz, und das gelang vor allem indem ich versuchte, mich in den Wandel der Figuren hineinzuversetzen, ihren Werdegang und die Genese der galaktischen Ereignisse auf dem großen Star Trek-Wandteppich im Ganzen zu betrachten und – ja – gewisse alte Zöpfe einfach abzuschneiden. Heraus kam etwas, das mich durchaus verblüfft hat: New Trek kann einem ans Herz wachsen, es kann sehr wohl Sinn ergeben, es kann einen berühren und begeistern. Auch das soll diese Seite, so hoffe ich, transportieren. Hier finden Sie ausführliche Essays und Serienbesprechungen sowie Besprechungen zu Serien-Supplements wie Romane, Comics und auch eigene Fan-Fiction. In meinen Essays bediene ich mich möglichst nicht des sogenannten Beta-Kanons. Stattdessen versuche ich, aus den Serien und Filmen selbst Antworten zu geben, da wir schon erlebt haben, wie neue Star Trek-Serien bestehende Romane – mögen sie noch so gut sein – ins Reich des Inoffiziellen und Ungeschehenen abdrängen. Es gibt allerdings hier und da einzelne, wohl begründete Ausnahmen. Ferner habe ich mich bemüht, die vielen (Social Media-)Nachträge der Showrunner zu den Episoden bis auf wenige Ausnahmen außen vor zu lassen und den Stoff für sich wirken zu lassen. Bei den aufgeführten Zitaten orientiere ich mich am gesprochenen Wort der deutschen Synchronisation, die ich für gelungen halte.
All Those Who Wander folgt in seinem Entstehungsprozess einer gewissen Dramaturgie, denn ich nehme mir in aller Ruhe eine Serie nach der anderen vor. Den Auftakt macht PICARD, anschließend folgen Discovery und Strange New Worlds (und möglicherweise danach noch mehr). Daher wird diese Seite über die Jahre hinweg Stück für Stück wachsen und gedeihen. Als Nebenprodukt meiner kosmischen Gedanken, die auf dieser Seite entstehen, bringe ich dann zu jeder Serie im Laufe der Zeit ein eigenes Sachbuch heraus, das im regulären Buchhandel erhältlich sein wird.
Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß auf All Those Who Wander!
Julian Wangler